
AUSSTELLUNG WOLF IM NATUR-MUSEUM LUZERN
Bericht - 2. Februar 2019
Die Sonderausstellung im Natur-Museum zum Thema «Wolf» ist eigentlich eine Kombination von zwei Ausstellungen: «Der Wolf. Wieder unter uns.» des Naturmuseums Freiburg, und «Der Wolf ist da. Eine Menschenausstellung» des Alpinen Museums in Bern. An Aktualität ist das Thema kaum zu überbieten: «Wolf läuft BLICK-Leser über den Weg» titelte der Blick in (für den Blick normalgrossen) Lettern, nachdem am Dienstag, 16. Oktober in Aeugst am Albis ein Wolf gesichtet wurde.
In der Zwischenzeit wird sogar von Sichtungen aus Mettmenstetten berichtet, wobei ähnlich wie das vom Nessie bekannt ist, leider noch keine eindeutigen und scharfen Fotos erstellt werden konnten. Genau das war ein Schwerpunkt, den die Museumspädagogin Anna Poncet vom Natur-Museum der interessierten, bunt durchmischten Schar der Naturschutzgruppe Mettmenstetten und deren Natur-Detektiven näher brachte. Am Beispiel eines rhetorisch nicht ganz überzeugenden Votums eines anonym bleiben sollenden ehemaligen Zürcher Ständerates zeigte sie, wie die Bevölkerung subjektiv ganz unterschiedlich aufs Thema «Wolf» reagiert, sobald eine Sichtung im eigenen Wohnumfeld erfolgt ist.
Anna Poncet zeigte anhand der Ausstellungsobjekte auch die Veränderung der Wahrnehmung des Wolfs in den letzten 200 Jahren. Eines der ältesten Präparate des Wolfes, das für die Ausstellung verwendet werden konnte, zeigt den Wolf «ausgestopft» mit bösartiger Mine, was zur Wahrnehmung des Wolfes vor 200 Jahren passte. Das zweite, moderne Exemplar war nach neusten Erkenntnissen nicht mehr ausgestopft sondern «präpariert» worden, mit neutralem Gesichtsausdruck, so wie man in der Verhaltensforschung die Ausdrucksformen des Wolfs heute interpretiert.
Die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Wolfs – also die Wahrscheinlichkeit, ein Lebensjahr erfolgreich zu überleben – war vor zweihundert Jahren nur etwa 20%, heute hingegen gut 50% (im Wallis tiefer). Dass der Wolf überhaupt wieder aus den Apenninen in die Schweiz zurückwandern konnte hatte massgeblich mit der Wiederausbreitung des Waldes zu tun. Anna Poncet erwähnte die Bedeutung des Eisenbahnbaus in der Schweiz: noch vor das weltweit erstmalige Forstgesetz 1876 in Kraft gesetzt wurde führte das Aufkommen der Eisenbahn und deren grossen Bedarfs an Kohle zu einer massiven Vergünstigung des Brennstoffs Kohle auch für Privathaushalte. Dadurch stellten viele Haushalte und Unternehmen von Holzfeuerung auf Kohlefeuerungen um, was die übernutzten Wälder der Schweiz massiv entlastete. So ist die Waldfläche heute fast doppelt so gross wie Mitte 19. Jahrhundert bevor das Forstgesetzt in Kraft trat und die nachhaltige Nutzung der Ressource Holz endlich begann.
Zwar leben auch in der Schweiz Wölfe in Rudeln, wobei es sich hier um Familienverbände mit den Eltern und ihrem Nachwuchs des aktuellen und vorangehenden Jahres handelt. Grosse Wolfsrudel wie in arktischen Norden gibt es hingegen nicht, und entsprechend klein ist die Gefahr in der Schweiz von einem mitgliedstarken und somit gefährlichen Rudel umzingelt zu werden. Der Wolf in der Schweiz trifft eher als scheuer Einzelgänger auf Menschen. Da er in der Natur keine Feinde hat – einzig der Braunbär ist mächtig genug und stiehlt ihm als so genannter «Kleptoparasit» in freier Wildbahn gelegentlich die Beute weg – zeigt er kein ausgeprägtes Fluchtverhalten, wenn er von Menschen überrascht wird. Im Gegensatz zu anderen Wildtieren ist der Wolf offensichtlich intelligent genug, um vielbefahrene Strassen und Autobahnen zu überqueren. Auch das Überqueren der Eisenbahnschienen scheint häufig zu gelingen, wenn auch nicht immer, wie der bei Schlieren von der Bahn überfahrene Wolf gezeigt hat. Dies war die erste und gleichzeitig überraschende Sichtung eines Wolfs im Kanton Zürich.
Anna Poncet stellte auch fest, dass der Wolf heute ähnlich den Stadtfüchsen eine Anpassung an den Menschen und seine Umgebung entwickelt hat, die ein einvernehmliches Zusammenleben ermöglichen würden. Allerdings sind sich viele Leute der Gefahr und Probleme nicht bewusst, wenn sie junge Wölfe anfüttern oder mit liegengelassenen Essensresten Wölfe in die Siedlungen locken. Mit drei Rudeln in der Schweiz (zwei am Calanda, das dritte im Valle Morrobia östlich von Bellinzona) dürfte der Wolf in der Schweiz nun in die exponentielle Wachstumsphase gekommen sein, so dass in den kommenden Jahren mit häufigeren Sichtungen und mehr – hoffentlich problemlosen – Interaktionen mit Menschen und deren Nutztieren zu rechnen ist.
Text und Fotos: Werner Eugster
Foto Wolfsauge: Natur-Museum Luzern
Die Ausstellung ist noch bis 28. April 2019 offen. Informationen dazu hier.
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